Für diesen Tag war erst einmal die längste Fahrtstrecke der gesamten Tour und damit tatsächlich knapp ein Viertel der Gesamtstrecke geplant. Der Grund dafür war eine Fahrt mit der »Lady Rose«.
Unterwegs war uns die Tour mit der Lady Rose, bzw. mit dem Nachfolgeschiff der in den Ruhestand verabschiedeten Lady, der »M. V. Frances Barkley«, mehrfach empfohlen worden. Dabei ist uns auch eingefallen, dass Freunde von uns die Tour bereits im Vorjahr gemacht und uns dringend ans Herz gelegt. Wir hatten nur nicht realisiert, dass die Tour quasi im Innern der Insel, nämlich in Port Alberni startet. Durch Port Alberni waren wir schon zwei Mal gefahren, hatten jeweils zum Einkaufen und auch mal für Kaffee und Internetzugang oder zum Dumpen gehalten, als wir nach Tofino bzw. vom Pacific Rim National Park zurück an die Ostküste gefahren sind. Haben wir also vorher die Lady Rose zwei Mal knapp verpasst – schade.
Die »Lady Rose« bzw. die »M.V. Frances Barkley«
Die Lady Rose (jeder hier spricht noch von diesem Schiff, obwohl es vor einigen Jahren durch die Frances Barkley ersetzt wurde) fährt in den Sommermonaten (Anfang Juni bis zur dritten Septemberwoche) täglich den Barkley Sound hinab. Dienstags, donnerstags und samstags führt die Fahrt nach Bamfield (auch in den übrigen Monaten), Montags, mittwochs und freitags nach Ucluelet auf der anderen Seite des Sounds. Beide Touren werden dann ab mittags auch in der Gegenrichtung gefahren, sodass sich die Buchung eines Rundtrips anbietet.
Unterwegs gibt es je nach Strecke unterschiedliche Haltepunkte. In jedem Fall wird an der »Sechart Lodge« gestoppt, einer ehemaligen Walfängerstation, die jetzt Übernachtungsgästen und Kayakausflüglern zur Verfügung steht.
In Telegraph Cove sind wir also früh aufgebrochen, um die längere Etappe von ca. 450 km in Ruhe fahren zu können. Wir haben uns für die Übernachtung vor und nach der von 8 Uhr morgens bis 19 Uhr am Abend gehenden Schiffstour den Provincial Park Campground am Sprout Lake ausgesucht, nur ca. 13 km von Port Alberni entfernt. So konnten wir schon morgens um sieben Uhr am Ticketschalter stehen, um auch ohne die empfohlene Reservierung auf das Schiff zu kommen. Am Sprout Lake wollten wir dann eventuell noch ein wenig hiken und abends entweder am See oder am Lagerfeuer sitzen.
Kaum vom Campground in Telegraph Cove runter, lief auch wieder ein Schwarzbär über die Straße. Und wieder keine Chance, ihn zu fotografieren – trotz stets griffbereiter Kamera. Weiter auf der Strecke haben wir noch ein paar Hirsche sehen können, teils mit Jungen. An Wildlife war es das dann auch schon für den Tag, trotz beeindruckender Schilder.
In Courtenay haben wir dann eine Pause bei Tim Hortons eingelegt, bei schlechtem Essen und noch schlechterem Kaffee. Auch hier wirkte wieder alles leicht siffig, lieblos und billig eingerichtet und ziemlich heruntergekommen – teils auch die Gäste. Timmies hatte also auch die nächste Chance vertan, uns zu Fans zu machen. Bei unseren sonstigen Stopps im Serious Coffee, Starbucks und selbst mal bei McDonald’s war das nie so. Stellt sich für mich weiterhin die Frage, was die Leute an Tim Hortons finden. Aber vielleicht gehöre ich auch einfach nicht zur Zielgruppe.
Port Alberni
In Port Alberni angekommen (ca. anderthalb Stunden Fahrt von Courtenay aus), haben wir uns ein wenig im Hafen umgesehen, um morgens nicht suchen zu müssen, wo das Schiff denn ablegt und wo wir unsere Tickets erstehen können. Beides war schnell gefunden und auch ein Parkplatz, auf dem wir für den langen Tag unseren Camper parken konnten, war gleich um die Ecke. Tickets konnten wir leider noch nicht kaufen, weil das Büro am Sonntag geschlossen hat. Wir haben dann noch leidlich lecker in einem Restaurant am Pier gegessen. Fish & Chips dort waren nicht annähernd so lecker wie z. B. im Hafen von Victoria bei Blue Fish Red Fish.
Am Sprout Lake hatten wir dann keine Lust mehr, noch zu hiken und wir haben uns einfach faul mit einer Zigarre am Seeufer niedergelassen. Von dort hatten wir einen guten Blick auf die am See stationierten Wasserbomber.
Der Campground mit nur ca. 12 oder 14 Plätzen unten am See und gut 40 Plätzen jenseits des Highways füllte sich schnell, zumindest unten. 25 Dollar zahlt man dort für die Nacht. Die Sites sind zwar ausreichend groß, leider gibt es aber keine Abtrennung zu den Nachbarn. Wir hatten aber eh nicht vor, lange draußen zu sitzen, da wir ja am nächsten Morgen sehr früh los mussten. Schließlich wollten wir schon um sieben am Ticketschalter stehen.
Die Fahrt mit der M.V. Frances Barkley
Morgens sind wir dann in Rekordzeit aus dem Bett, haben uns schiffsfein gemacht und sind losgefahren. Punkt sieben standen wir dann auch am Schalter und konnten auch ohne Reservierung noch unsere Tickets kaufen. Der Rundtripp kostet 78 Dollar pro Person, was ich durchaus angemessen finde. Das Schiff füllte sich dann auch ziemlich schnell. Ich kann nicht sagen, ob es ausgebucht war, da sich die Fahrgäste nicht nur auf die zahlreichen Sitzplätze innen setzen sondern sich frei auf dem Schiff bewegen können. Sitzplätze gibt es auf mehreren Deckes außen und innen und manch einer zieht es vor, an der Reling zu stehen und den Ausblick zu genießen. Das war auch für die meiste Zeit unser liebster Platz.
Auf dem Schiff haben wir dann Ingo kennengelernt, einen von zwei Ambassadors, die mitfuhren und die Gäste unterhalten und mit Wissen zur Strecke und Anekdoten zur langen Geschichte dieses Schiffs bzw. der Tour versorgt haben. Ingo ist 1956 von Salzburg aus nach Kanada ausgewandert und hat es nicht mehr geschafft, das Land nachhaltig zu verlassen. Ingo ist ein sehr netter Kerl, der es genoss, sein (gar nicht so) eingerostetes Deutsch wieder zu verwenden.
Pünktlich um acht legte das Schiff dann ab und wir haben den Hafen von Port Alberni Richtung Westen verlassen. Los ging es zwischen grünbewaldeten Hügeln Richtung Pazifik. Tolle Panoramen, tolle Fotos, leider nur wenig Wildlife unterwegs. Bis auf ein paar Seehunde zu Beginn, etlichen Weißkopfseeadlern unterwegs und zwei Seelöwen im Hafen von Ucluelet gab es nichts zu sehen. Jetzt, wo ich das schreibe, klingt es ziemlich verwöhnt, muss ich zugeben.
Die Landschaft, die sich von Kilometer zu Kilometer bei immer mehr Sonnenschein stetig veränderte, entschädigte aber auch mehr als ausreichend für die entgangenen Tiersichtungen. Und erst hier wurde uns dann auch nach und nach klar, dass wir dieses Schiff aus einem Fernsehbericht kannten. Auf arte oder 3Sat lief eine Dokumentation über Vancouver Island, in der u. a. auch die M. V. Frances Barkley und ihre Besatzung eine Rolle spielten. Die Küchenchefin haben wir dann auch wiedererkannt.
Zwischendurch fährt das Schiff durch die Broken Islands Group, eine Gruppe von über hundert Inseln, die fast ausschließlich unbewohnt sind, von denen einige aber spartanische Campgrounds für Kayakfahrer haben. Es ist wirklich zu überlegen, auf einer nächsten Tour mal so eine Kayaktour einzuplanen. Wir haben auf dem Schiff auch mehrere Leute getroffen und gesprochen, die Touren von bis zu einer Woche zwischen den Inseln planten. Teils mit eigenen Kayaks, teils mit geliehenen Booten der Sechart Lodge ging es bis zu acht Tage lang durch diese Inselwelt.
Der Aufenthalt in Ucluelet war wegen mehrerer Stopps unterwegs sehr kurz und reichte für uns nicht zum Essen. Die bestellte Pizza haben wir uns dann einpacken lassen und sind mit dem Karton aufs Schiff gegangen. Auf dem hinteren Oberdeck haben wir sie dann direkt aus dem Karton im Sonnenschein genossen – mit Blick auf im Hafen spielende Seelöwen. Gar nicht schlecht, auch, wenn manche Mitfahrer verwundert geguckt hatten.
Eine Anekdote am Rande: Einen Fahrgast hätten wir fast am Pier stehen lassen. Während seine Frau pünktlich aufs Schiff gegangen war, hatte er sich noch mit jemandem auf dem Steg unterhalten. Weder das Einholen der Gangway noch das Lösen der Leinen, mit denen das Schiff festgemacht war, hatte er mitbekommen. Erst, als die Frau leicht panisch rief, realisierte er, dass es langsam Zeit für ihn wurde. Nun war es schon ein älterer Herr, der nicht mal eben schnell über die Reling aufs Deck hüpfen konnte und so wurde das Schiff wieder vertäut und die Gangway exklusiv für diesen Fahrgast ausgefahren. Das dürfte ihn einiges an Trinkgeld gekostet haben. Das für uns Lustige an dieser Begebenheit war, dass der Herr uns vorher im Pizzalokal fast süffisant auf den knappen Zeitplan hingewiesen hatte: »You’re gonna be late«.
Mit wenig Verspätung sind wir abends dann wieder im Hafen eingelaufen. Wir haben nur noch kurz Wasser gekauft und sind zum Campground zurückgefahren. Dort sind wir dann zufrieden nach diesem tollen Tag und den vielen Eindrücken und schönen Bildern früh im Bett verschwunden. Die Nachbarn haben sich sicher gewundert, was mit uns los war: weit vor sieben los und nach acht erst wieder auf dem Campground.
Fazit
Wer Landschaft auch über einen längeren Zeitraum genießen kann, ist bei dieser Tour gut aufgehoben. Bei Wohnmobilreisen ist sie gerade für den Fahrer ideal, der ja sonst viel verpasst, weil er sich auf Straße und Verkehr konzentrieren muss. Auf dieser Schiffstour kann man mal wirklich entspannt die Natur genießen.
Bei uns kam natürlich hinzu, dass wir während der gesamten Tour ausgezeichnetes Wetter hatten. Ich glaube nicht, dass ich die Fahrt ebenso genossen hätte, wenn wir wegen Regens unter Deck hätten sitzen müssen – und das bei schlechter Sicht. In dem Fall könnte die Fahrt sogar ziemlich lang werden, fürchte ich. Statt lange vorab zu reservieren, empfehle ich daher, eher spontan zu reagieren, wenn das Wetter gut ist. Port Alberni liegt ziemlich zentral im südlichen Teil von Vancouver Island und man kommt zum einen auf der Fahrt nach Ucluelet oder Tofino direkt daran vorbei und zum anderen auf der Fahrt von Süd nach Nord über den Highway 19. Hier fährt man zwar nicht direkt an Port Alberni vorbei, der Abstecher über Highway 4 ist aber nicht weiter als gute 40 Kilometer. Die Chancen, während einer Tour über Vancouver Island gleich mehrfach in der Nähe zu sein, ist also ganz gut. Sollte dann gutes Wetter angesagt sein, rauf aufs Schiff!